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Schachclub Iffezheim

Markus Ehrlacher beim 35. Böblinger Open 2018 (von Markus Ehrlacher)

Nachdem ich in den Jahren 2002, 2004, 2005, 2006 und 2007 bereits in Böblingen mitgespielt hatte, war es 2018 meine sechste Teilnahme im traditionell stark besetzten neunrundigen A-Open zwischen dem 26. und 30.12.2018. Eine Premiere war es für meine Mutter, die erst vor zwei Jahren in der Seniorengruppe der SG Rochade Kuppenheim die Regeln des Schachspiels gelernt hat und im C-Open mitspielte.
 

Der Start in das Turnier war für mich in den ersten Runden äußerst frustrierend und begann mit einer Schwarz-Niederlage gegen einen FM mit 2185 DWZ, gegen den ich in eine schwer zu spielende Stellung geraten war und verdientermaßen die Niederlage quittieren musste. Ärgerlicher war da schon die Niederlage mit Weiß in der zweiten Runde gegen einen Spieler aus Holland mit ELO 2092, gegen den ich in der Eröffnung einen Bauern gewonnen hatte, diesen aber später zweizügig wieder einstellte. Ich rettete mich noch in ein schwieriges Turmendspiel mit Minusbauern, welches mein Gegner aber nach fünfeinhalb Stunden Spielzeit verwerten konnte. In der dritten Partie gegen einen Gegner mit  2028 DWZ hatte ich eigentlich eine für Schwarz wenig gefährliche Variante auf dem Brett, aber die bisher fehlende Praxis in diesem Stellungstyp führte zu mehreren Ungenauigkeiten bzw. falschen Entscheidungen. Und wenn der weißfeldrige Läufer auf c8 erstmals im 25. Zug zieht, braucht man sich nicht wundern, wenn die Stellung hoffnungslos ist… Mit drei Niederlagen in ein Turnier zu starten ist gewiss nicht das was man sich wünscht und es sollte noch schlimmer kommen… Zunächst bekam ich ein weiteres Mal die schwarzen Steine zugelost und trotz 0 Punkten hatte mein Gegner in der vierten Runde immer noch eine DWZ von 2012! Nach der Eröffnung hatte ich mühelos Ausgleich erreicht, aber dann zu passiv gespielt und auch noch meine gute Leichtfigur abgetauscht. So hatte ich der weißen Bauernwalze gegen meinen König am Damenflügel wenig entgegenzusetzen und der Angriff mit den Schwerfiguren auf der a-Linie schlug entscheidend durch. Nach der vierten Niederlage in Folge (im Volksmund ein „Audi“ genannt), befand ich mich, um es mit Rudi Völlers Worten zu sagen, am „tiefsten Tiefpunkt“ und wer hätte zu diesem Zeitpunkt gedacht, dass das Turnier noch erfolgreich enden würde? Zunächst erreichte ich in Runde fünf gegen einen erfahrenen Spieler mit DWZ 1953 eine bessere Stellung, fand aber nicht die beste Fortsetzung und willigte schließlich in dessen Remisangebot ein, um zumindest den ersten halben Punkt zu sichern und die Niederlagenserie zu stoppen. Schadensbegrenzung war die erste Devise. In Runde sechs spielte mein Gegner (DWZ 1867) trotz der weißen Steine wenig ambitioniert, so dass ich wenig Mühe hatte ein weiteres Remis zu erreichen. Ausgerechnet gegen ein Jungtalent mit DWZ 1886 sollte in der Nachmittagsrunde mit Weiß die Wende eingeleitet werden. Erfreulicherweise erreichte ich auch eine etwas bessere Stellung und konnte dem Gegner eine erste Bauernschwäche zufügen. Mit einer weiteren Schwächung der Bauernstruktur wickelte ich in ein Turmendspiel ab, welches von beiden Seiten nicht optimal gespielt wurde, aber letztlich zu meinem ersten Sieg führte. Am Schlusstag trat mein Gegner (DWZ 2052) in der achten Runde am Vormittag nicht an, so dass ich kampflos zu einem Punkt kam. Bedauerlicherweise bringt dies für die DWZ-Rechnung nichts, man muss stundenlang auf die Schlussrunde nachmittags warten und bekommt auch noch einen starken Gegner zugelost, der bestimmt kein Kurzremis in der letzten Runde möchte. Dieser Sachverhalt sollte sich aber als günstig für mich erweisen, denn mein Gegner, ein FM mit DWZ 2236, spielte auch mit Schwarz auf Sieg. Nach einem positionell abwechslungsreichen Gefecht in den ersten 20 Zügen, drohte die Stellungsbeurteilung zu Gunsten meines Gegners zu kippen. Jedoch konnte ich die Gunst der Stunde nutzen und meine Dame für einen Turm und Springer opfern, was mein Gegner nicht richtig in Betracht gezogen hatte. Mein Monsterspringer auf f6 und der Turm, der die offene Linie kontrollierte, ergaben mehr als genügend Kompensation für mindestens Remis. Nachdem mein Gegner aber seine Dame auf ein ungünstiges Feld gestellt hatte, entschieden drei forcierte Turmschachs inklusive Turmopfer und anschließender Springergabel den Tag. Somit endete ein desaströs begonnenes Turnier mit einem schönen Sieg gegen einen starken Gegner und einem inoffiziellen Zugewinn von 16 DWZ-Punkten auf nunmehr 1876. Bei 147 Teilnehmern im A-Open war ich auf Platz 134 gesetzt und kam mit 4 Punkten aus 9 Spielen schließlich auf Platz 100.

Im C-Turnier unter 1500 DWZ war meine Mutter unter 44 Teilnehmern eine von vier Spielern ohne DWZ. Naturgemäß fehlt es als Anfänger an der Erfahrung und es wird zu schnell gespielt. Wenn ich nach meiner Eröffnungsphase nach 10-15 Zügen den ersten Toilettengang unternahm, saß meine Mutter meistens bereits nach beendeter Partie bei einem Cappuccino im Café an der Theke… Umso erstaunlicher, dass sie nach drei Niederlagen zu Beginn in der vierten Runde einen Sieg gegen ein Mädchen mit DWZ 720 einfahren konnte und zu diesem Zeitpunkt mehr Punkte hatte als ich…In den weiteren Runden erreichte sie noch zwei achtbare Remisen und dazu einen kampflosen Punkt, so dass meine Mutter mit 3 Punkten aus 9 Spielen auf Platz 37 kam und immerhin 7 Spieler hinter sich ließ. Da sie auch genügend Gegner mit einer DWZ hatte, dürfte sie nun ihre erste DWZ in Höhe von inoffiziell 848 bekommen.

Das 35. Böblinger Open gewann der Turnierfavorit GM Ma Qun (ELO 2620) aus China mit 7,5 Punkten (6 Siege, 3 Remis). Alle weiteren Informationen (Ergebnisse, Bilder, Partien usw.) gibt es unter www.boeblinger-open.de.  Ein durchaus zu empfehlendes Turnier, braucht man doch zwischen den Jahren kaum Urlaubstage, wohnt im Hotel, welches gleichzeitig als Spielort fungiert und die Bewirtung durch den gastgebenden Verein ist vorzüglich zu günstigen Preisen.

Geschrieben von John Schott am Dienstag, 1. Januar 2019